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Ordnung für eine Schiedsstelle im Bistum Aachen

Vom 10. November 2015

(KlAnz. 2015, Nr. 182, S. 244)

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1. Abschnitt
Zuständigkeit und Organisation

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§ 1

Im Bistum Aachen besteht eine Schiedsstelle.
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§ 2

Ziel der Tätigkeit der Schiedsstelle ist es, Streitigkeiten in mündlicher Verhandlung beizulegen.
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§ 3

Die Schiedsstelle ist zuständig für Streitigkeiten, an denen Personen, Organe oder kirchliche Rechtsträger beteiligt sind, soweit die Streitigkeiten nicht durch Kirchliches Recht einem anderen Rechtsweg oder durch vertragliche Absprachen einem anderen Verfahren zugewiesen sind. Insbesondere ist die Schiedsstelle zuständig bei Streitigkeiten
  1. zwischen kirchlichen Organen,
  2. zwischen Amtsträgern und den ihnen zugeordneten kirchlichen Organen,
  3. zwischen Mitgliedern von Organen bzgl. der jeweiligen Einhaltung ihrer satzungsgemäßen Befugnisse,
  4. bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Bistum, Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbänden, kirchlichen Rechtsträgern untereinander und zwischen diesen und Dritten.
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§ 4

Der Schiedsstelle werden außerdem die Fälle zugewiesen, die in den diözesanen Satzungen aufgeführt sind.
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§ 5

Die Schiedsstelle kann nicht angerufen werden
1.
zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Rechtsnormen,
2a
zur Überprüfung von Entscheidungen des Diözesanbischofs, so z.B. betreffend die strukturelle Gestalt des Bistums,
2b
zur Überprüfung von Entscheidungen des Generalvikars betreffend
  • die Gründung und Änderung kirchlicher Rechtsträger unabhängig von der Rechtsform sowie deren rechtliche Verfassung,
  • Akte der kirchlichen Vermögensverwaltung für die Beispruchsrechte des Diözensanvermögensverwaltungsrates sowie des Konsultorenkollegiums bestehen,
3.
bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der bischöflichen Beauftragung für pastorale Dienste oder religiöse Unterweisung (z.B. Entzug der Missio canonica),
4.
in Lehrstreitigkeiten,
5.
in Streitigkeiten bezüglich Gottesdienst, Verkündigung und Spendung der Sakramente,
6.
in Streitigkeiten innerhalb der Ordensgemeinschaften.
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§ 6

( 1 ) Die Mitglieder der Schiedsstelle sind in ihrer Tätigkeit unabhängig und nur an das Recht und ihr Gewissen gebunden.
( 2 ) Die Mitglieder der Schiedsstelle unterliegen der Schweigepflicht.
( 3 ) Die Tätigkeit der Mitglieder der Schiedsstelle ist ehrenamtlich. Notwendige persönliche Aufwendungen werden auf Antrag erstattet.
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§ 7

( 1 ) Die Schiedsstelle besteht aus einem Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden und zehn Beisitzern, von denen in der Regel fünf Priester und fünf Laien sind.
( 2 ) Zu jeder Sitzung der Schiedsstelle ist ein Protokollführer hinzuzuziehen. Hiervon kann der Vorsitzende absehen, wenn er die Hinzuziehung eines Protokollführers nicht für erforderlich hält.
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§ 8

( 1 ) Zum Mitglied der Schiedsstelle kann berufen werden, wer der katholischen Kirche angehört, im Besitz der vollen kirchlichen Rechte ist und das 70. Lebensjahr nicht überschritten hat.
( 2 ) Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende müssen die Befähigung zur Ausübung des staatlichen Richteramts besitzen, sie dürfen nicht im kirchlichen Dienst des Bistums Aachen stehen.
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§ 9

( 1 ) Der Vorsitzende, der stellvertretende Vorsitzende sowie die Beisitzer werden auf jeweiligen Vorschlag des Diözesanpriesterrates und des Diözesanrates der Katholiken vom Bischof für eine Amtsdauer von 4 Jahren ernannt. Nach Ablauf der Amtsdauer besorgen sie ihre Amtsgeschäfte solange weiter, bis die Neuberufenen ihre Ämter übernommen haben.
( 2 ) Nach Ablauf der Amtszeit ist eine erneute Berufung zulässig.
( 3 ) Die Namen des Vorsitzenden, des stellvertretenden Vorsitzenden sowie der Beisitzer werden nach ihrer Ernennung durch den Bischof im „Kirchlichen Anzeiger für die Diözese Aachen“ bekanntgegeben.
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§ 10

( 1 ) Die Schiedsstelle verhandelt jeweils in der Besetzung von drei Mitgliedern, von denen einer der Vorsitzenden bzw. der stellvertretenden Vorsitzende ist.
( 2 ) Die Parteien des Schiedsverfahrens benennen je einen Beisitzer und einen Vertreter, der den benannten Beisitzer im Verhinderungsfalle vertritt.
( 3 ) Benennen beide Partien denselben Beisitzer, so entscheidet zwischen den benannten Vertretern der Vorsitzende durch Los, sofern nicht eine Partei von sich aus einen anderen Beisitzer benennt.
( 4 ) Benennt eine Partei trotz Aufforderung keinen Beisitzer, wird er von Amts wegen bestimmt.
( 5 ) Wird ein Mitglied abgelehnt, so entscheidet darüber die Schiedsstelle in der nach Abs. 2 – 4 festgelegten Besetzung. Anträge auf Ablehnung eines Mitglieds der Schiedsstelle sind bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zu stellen.
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§ 11

Für die Schiedsstelle wird beim Bischöflichen Generalvikariat Aachen eine Geschäftsstelle geführt.
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2. Abschnitt
Vorbereitung der mündlichen Verhandlung

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§ 12

( 1 ) Die Schiedsstelle wird auf Antrag tätig. Dieser ist schriftlich an die Geschäftsstelle zu richten.
( 2 ) Der Antrag muss den Streitgegenstand bezeichnen. Zur Begründung dienende Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Entspricht der Antrag diesen Anforderungen nicht, so hat der Vorsitzende den Antragsteller zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern.
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§ 13

Der Antragsteller kann seinen Antrag jederzeit zurücknehmen. Die Antragsrücknahme erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber den Vorsitzenden.
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§ 14

Erweist sich ein Antrag als unzulässig oder als offenbar unbegründet, so kann die Schiedsstelle den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch ihren mit Gründen versehenen Beschluss abweisen.
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§ 15

Die Schiedsstelle kann aus wichtigem Grund sachdienliche einstweilige Anordnungen treffen. Die einstweiligen Anordnungen ergehen auf Beschluss des Vorsitzenden ohne vorhergehende Verhandlung.
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§ 16

Der Vorsitzende verfügt die Zustellung des Antrages an die anderen Beteiligten. Zugleich mit der Zustellung sind diese aufzufordern, sich schriftlich zu äußern. Hierfür kann eine Frist gesetzt werden.
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§ 17

Die Schiedsstelle darf über das Antragsbegehren nicht hinausgehen. Sachdienliche Ergänzungen und Änderungen können nur bis zur letzten mündlichen Verhandlung vorgebracht werden.
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§ 18

( 1 ) Der Vorsitzende bestimmt den Termin zur mündlichen Verhandlung und lädt alle Beteiligen mit einer Frist von zwei Wochen. Die Frist kann in eiligen Fällen verkürzt werden.
( 2 ) In der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
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§ 19

Der Vorsitzende hat vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um das Schiedsverfahren möglich in einer Verhandlung zu erledigen.
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3. Abschnitt
Mündliche Verhandlung

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§ 20

Die Verhandlung vor der Schiedsstelle ist nicht öffentlich. Rechtsanwälte oder Beistände können zugelassen werden, wenn die Wahrung der Rechte der Beteiligten dies notwendig erscheinen lässt. Über die Zulassung entscheidet der Vorsitzende.
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§ 21

( 1 ) Der Vorsitzende leitet die Verhandlung. Er hat darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung des Sachverhaltes wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
( 2 ) Die Angelegenheit ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erörtern.
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§ 22

( 1 ) Soweit es für die Entscheidung erheblich ist, nimmt die Schiedsstelle Augenschein, hört Zeugen, sachverständige Dritte und Beteiligte und sieht vorgelegte Urkunden ein. Die Beteiligten werden von allen Terminen über die Anhörung mit Zeugen sachverständigen Dritten oder Beteiligten benachrichtigt und können an der Anhörung teilnehmen.
( 2 ) Die Beteiligten können die der Schiedsstelle vor gelegten Urkunden einsehen.
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§ 23

Über die Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme gemäß § 22 ist ein Protokoll zu führen, das vom Vorsitzenden zu unterzeichnen und den Parteien zuzusenden ist.
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4. Abschnitt
Abschluss des Verfahrens

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§ 24

Die Schiedsstelle hat eine Einigung anzustreben und soll deshalb einen Einigungsvorschlag unterbreiten. Der Einigungsvorschlag wird entweder innerhalb der mündlichen Verhandlung oder schriftlich mit einer Äußerungsfrist von zwei Wochen unterbreitet.
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§ 25

( 1 ) In den Fällen, in denen beide Parteien zulässigerweise einen bindenden Schiedsspruch beantragt haben, entscheidet die Schiedsstelle durch Beschluss.
( 2 ) Der Beschluss wird mit Stimmenmehrheit gefasst.
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§ 26

( 1 ) Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen und von dem Vorsitzenden und den Beisitzern zu unterschreiben,
( 2 ) die Entscheidung enthält,
  1. die Bezeichnung der Beteiligten,
  2. die Entscheidungsformel,
  3. den Sachverhalt und die Entscheidungsgründe.
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5. Abschnitt
Kosten

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§ 27

( 1 ) Für das Verfahren vor der Schiedsstelle werden keine Gebühren erhoben.
( 2 ) Fahrtkosten und sonstige Auslagen der Parteien werden nicht erstattet.
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6. Abschnitt
Inkrafttreten

Diese Ordnung tritt am 1. Dezember 2015 in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Ordnung für eine Schiedsstelle im Bistum Aachen vom 14. November 1997, geändert am 9. März 2004 (Kirchlicher Anzeiger für das Bistum Aachen vom 15. Dezember 1997, Nr. 200, S. 215, und vom 1. April 2004, Nr. 72, S. 100) außer Kraft.