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Richtlinien für die zweite Bildungsphase der Priester, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten Bistum Aachen

Vom 1. Juli 2023

(KlAnz. 2023, Nr. 106, S. 214)

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I. Grundlegungen

Die verbindlichen Regelungen zur Gestaltung der Berufseinführung der Priester, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen und -referenten sind festgelegt
  • in der Rahmenordnung für die Priesterbildung vom 1. Dezember 1988 in der Fassung vom 12. März 2003 (Die deutschen Bischöfe, Nr. 73),
  • in der Rahmenordnung für die Ausbildung, Berufseinführung und Fortbildung von Gemeindereferenten/-referentinnen vom 10. März 1987 in der Fassung vom 1. Oktober 2011 (Die deutschen Bischöfe, Nr. 96),
  • in der Rahmenordnung für die Ausbildung, Berufseinführung und Fortbildung von Pastoralreferenten/-referentinnen vom 10. März 1987 in der Fassung vom 1. Oktober 2011 (Die deutschen Bischöfe, Nr. 96).
Die Richtlinien gründen auf diesen Rahmenordnungen und setzen die Regelungen für die Berufseinführung der Priester, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten in Kraft.
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II. Zielsetzung

Mit der Berufseinführung der Priester, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten sollen Berufsanfängerinnen und -anfänger in ihrer Persönlichkeitsentwicklung dahingehend gefördert werden, dass sie den beruflichen Anforderungen entsprechend in der Lage sind, zu initiieren, zu inspirieren und zu kommunizieren. Sie befähigt Berufsanfängerinnen und -anfänger im pastoralen Dienst dazu, anderen Menschen zuzuhören, ihre Bedürfnisse zu verstehen und sich auf ihre Situation, ihren Lebensraum und ihre Sprache einzustellen, wenn sie vom eigenen Glauben erzählen und ihn ausdrücken, um auch anderen die Erfahrung der Begegnung mit Gott zu ermöglichen1#.
Die Berufseinführung ist auch ein geistlicher Weg, auf dem die Bewerberinnen und Bewerber in ihrer spirituellen Entwicklung unterstützt werden.
Es werden geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Bistum Aachen ausgebildet, die das Bistum gut kennen- und gleichzeitig in einer sich verändernden Kirche bestehen lernen. Dazu setzt eine Begegnung mit den Themen Pioneering2# und Innovation gleich zu Beginn der Berufseinführung Vorzeichen.
Ein besonderes Augenmerk legt die Berufseinführung auf eine sensible Wahrnehmung von Rolle, Person und Organisation sowie die kritische Auseinandersetzung damit, um missbräuchliche Machtstrukturen zu verhindern.
Der Lernweg im Rahmen der zweiten Bildungsphase ist praxis- und zukunftsorientiert. Er begleitet die Seminaristen, Assistentinnen und Assistenten dabei, in ihre Berufsbilder hineinzuwachsen und mit den sich verändernden Berufsrollen umzugehen. Er fördert die Berufsattraktivität und Berufszufriedenheit.
Die Berufseinführung leitet durch vernetztes Lernen der professionell hauptamtlich Mitarbeitenden in der Pastoral zur Kooperation der Berufsgruppen an, mindestens der Priester, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten, und, wo dies möglich ist, auch unter Beteiligung der Ständigen Diakone im Haupt- und Nebenamt.
Die Berufseinführung erweitert den Horizont der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zielt auf die Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Haltungen als Instrumente und Werkzeuge pastoralen Handelns (vgl. Lumen gentium 1).
Die zweite Bildungsphase stärkt und entwickelt Handlungskompetenzen in folgenden Feldern: Fachkompetenzen (theologisches, religionspädagogisches und humanwissenschaftliches Wissen), Methodenkompetenzen (Fertigkeiten), personale und interpersonale (Sozial-)Kompetenzen sowie die zugrunde liegende spirituelle Kompetenz (als Querschnittskompetenz).
Dabei deckt sie die kirchlichen Grundvollzüge ab: Martyria, Liturgia, Diakonia und Koinonia.
Die Prüfungsleistungen der Pastoral- und Gemeindeassistentinnen und -assistenten und der Seminaristen bieten eine Grundlage dafür, die Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten für den pastoralen Dienst zu bewerten und festzustellen. Die Begleitung durch die Leitung der Berufseinführung, regelmäßige Auswertungsgespräche zwischen der Leitung der Berufseinführung, den Praxisanleiterinnen und -anleitern, den Berufsanfängerinnen und -anfängern und den Personalreferentinnen und -referenten tragen ebenso zu dieser Bewertung und Feststellung bei.
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III. Zulassung

Mit erfolgreichem Abschluss des Studiums der Theologie (Diplom oder Magister theologiae), des Studiengangs Theologie auf dem dritten Bildungsweg, des Zweiten Staatsexamens für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe II und erfolgreich abgeschlossenem Ergänzungsstudium mit pastoraltheologischer Zielrichtung, des Masters nach diözesaner Zulassung (für Seminaristen, Pastoralassistentinnen und -assistenten) bzw. der Studiengänge „Angewandte Theologie“, „Kirchliche Praxis in säkularer Gesellschaft“ (Bachelor) oder „Theologie im Fernkurs“ (für die Gemeindeassistentinnen und -assistenten) ist die erste Bildungsphase beendet. Dieser Abschluss gilt als Erste Dienstprüfung und als Voraussetzung für die Zulassung zur zweiten Bildungsphase.
Die Berufsbezeichnung lautet in dieser Phase für die Laien im pastoralen Dienst Pastoralassistentin bzw. -assistent bzw. Gemeindeassistentin bzw. -assistent.
Ein Anwärter auf den Priesterberuf beginnt als Seminarist, nach der Diakonenweihe ist er Diakon, nach der Priesterweihe Kaplan.
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IV. Ausbildungsweg: Verlauf, Inhalte, Formate

Der Prozess der Berufseinführung findet sowohl in der Gruppe des Pastoralkurses als auch in einem pastoralen Team am Einsatzort statt. Einsatzort und Dienststätte werden in Absprache mit dem Fachbereich Pastorales Personal zugewiesen.
Die Praxisanleitung wird während der zweijährigen Zeit der Berufseinführung durch eine Praxisanleiterin oder einen Praxisanleiter gewährleistet. Wer die Anleitung übernimmt oder in Zukunft übernehmen will, erfährt eine dazu qualifizierende Schulung, verantwortet durch den Fachbereich Qualifizierung. Wer eine solche Schulung absolviert hat, ist für die Anleitung geeignet.
Am Einsatzort geschieht eine dreimonatige Vertiefung religionspädagogischer Kompetenz, unter anderem durch den Einsatz in einer Schule, begleitet von religionspädagogischen Studientagen. Dabei wird die religionspädagogische Kompetenz ausdrücklich auch auf den pastoralen Bereich hin gedacht und angewendet und Wert darauf gelegt, dass die unterschiedlichen Anforderungen beider Bereiche deutlich werden.
Die Koordination vor allem der Schwerpunktausbildung im zweiten Jahr der Berufseinführung geschieht im Hubsystem3# in Abstimmung zwischen den Verantwortlichen am Einsatzort und den jeweiligen Verantwortlichen innerhalb der acht Regionen des Bistums.
Im Rahmen der Berufseinführung bilden die Seminaristen, Assistentinnen und Assistenten untereinander Peer Groups als kontinuierliche professionelle Lerngemeinschaft, um ihre Praxiserfahrung kollegial, thematisch, in persönlicher Auseinandersetzung und gemessen an der pastoralen Wirklichkeit zu reflektieren.
Dabei ist die Klärung der eigenen Fähigkeit zu Analyse und Reflexion und der eigenen Rolle ein wichtiger Aspekt, der ab dem vierten Quartal des ersten Jahres der Berufseinführung durch Supervision unterstützt wird. Dieser Supervisionsprozess begleitet unter Berücksichtigung des Regelkontingents4# auch nach der Berufseinführung den Übergang in die Festanstellung.
Neben den fachlichen Kompetenzen ist somit auch die Reflexion und Prüfung der eigenen inneren Haltung ein wichtiger Bestandteil des Lernweges. Die Studienveranstaltungen sowie der kollegiale Austausch unterstützen die Seminaristen, Assistentinnen und Assistenten darin, auf ihrem Weg zu erkennen, was sie als Seelsorgerin und Seelsorger ausmacht.
Die vertiefte Begegnung mit den Grundvollzügen kirchlichen Handelns wird im ersten Jahr der Berufseinführung ermöglicht. Diese Einblicke tragen zur Entscheidung für einen Ausbildungsschwerpunkt in der Phase der Schwerpunktsetzung und Projektphase (zweites Jahr der Berufseinführung) bei, in dem eigenständige Erfahrung unter zuverlässiger Begleitung durch berufserfahrene Kolleginnen und Kollegen ermöglicht und erwartet wird.
In diesem ausgewogenen Verhältnis von Eigenständigkeit und Begleitung sind folgende Themenbereiche (mit zugehörigen exemplarischen Inhalten) durch gemeinsam absolvierte Studienveranstaltungen zu vertiefen:
  • Kommunikation und Konflikt: Sensibilisierung aufgrund pastoralpsychologischen Basiswissens, Einführung in das Seelsorgegespräch;
  • Trauerpastoral: Begegnung mit Trauernden, Verständnis der Trauerliturgie und angemessene liturgische Präsenz;
  • Engagementförderung: Gremienleitung, Kooperation;
  • Sozialraumorientierung: Grundlage pastoralen Handelns zur Verbesserung der Lebensbedingungen, Beteiligung an lösungsorientierten Prozessen, in Zusammenarbeit mit dem Diözesancaritasverband;
  • Glaubenskommunikation: Befähigung zum persönlichen Zeugnis, medial sichere Kommunikation in die kirchliche und säkulare Öffentlichkeit hinein, einladende und mystagogische Sakramentenkatechese;
  • Projektmanagement: Steuerung pastoraler Prozesse;
  • Homiletik: Vertiefung von Theorie und Praxis des Predigtdienstes
  • Seelsorgliche Gesprächsführung: Gesprächsführung auf der Grundlage von spiritueller Kompetenz
  • Zeitmanagement: wertorientiertes Zeit- und Selbstmanagement
Die gemeinsamen Studienveranstaltungen finden an unterschiedlichen Orten auf dem Gebiet des Bistums statt, um es als pastoralen Raum zu erfahren und kennenzulernen.
Vier weitere Tage stehen in einem Wahlpflichtbereich zur Verfügung, um in der Reflexion mit Anleitung und Leitung der Berufseinführung erkannte Defizite an Wissen in einzelnen pastoralen Gebieten auszugleichen sowie Stärken und Interessen für den individuellen Lernweg zu vertiefen.
Die spirituelle Vertiefung, der Kontakt mit der eigenen Berufungsgeschichte und das Aufatmen aus dem pastoralen Alltag in Gemeinschaft mit Gott und des Kurses untereinander geschieht unter anderem an den Pastoraltagen, durch jährliche Exerzitien und durchgängig geistliche Begleitung.
Die Seminaristen sind parallel in einen gemeinsamen Pastoralkurs von vierzehn deutschen Diözesen integriert, der in einem Diakonats- und einem Presbyteratskurs von jeweils vier Wochen auf die Weihestufen vorbereitet und das Hineinwachsen in den priesterlichen Dienst begleitet.
Pastoralliturgische Inhalte werden im Rahmen dieses Kurses für die Seminaristen gesondert vermittelt. Parallel nehmen die Assistentinnen und Assistenten am entsprechenden Studienangebot Pastoralliturgie teil, das in liturgische Präsenz sowie anlassbezogene liturgische Vielfalt und kirchenmusikalische Ausdrucksformen einübt, den kundigen und reflektierten Umgang mit liturgischen Büchern und Riten vermittelt und homiletische Kompetenz schult. Im Rahmen dieser Studienveranstaltung erhalten die Assistentinnen und Assistenten Sprecherziehung und Stimmbildung.
Regelmäßig trifft sich die gesamte Gruppe der Berufsanfängerinnen und -anfänger zur Reflexion der pastoralen Praxis im Rahmen der Studienveranstaltungen.
Pastoralpraktische Prüfungen, Evaluationen und die Prüfungselemente am Ende der zweijährigen Berufseinführung überprüfen die Entwicklung und den Lernerfolg der Berufsanfängerinnen und -anfänger.
An das Ende dieser Phase schließen sich im Auswertungs- und Sondierungsgespräch mit den Personalreferentinnen und -referenten Perspektiven für eine erste Einsatzplanung und vertiefende Qualifikation für besondere Wege im pastoralen Dienst an. Nach erfolgreicher Zweiter Dienstprüfung ist der Erwerb der Missio canonica einer der möglichen Wege in der Laufbahnplanung.
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V. Regularia

Alle Bewerberinnen und Bewerber werden zu einem Assessmenttag in Aachen eingeladen. Bewerbungen sind entsprechend bis zum 1. Dezember des Vorjahres einzureichen.
Der Start der Berufseinführung erfolgt jeweils zum 1. September. Für die Seminaristen beginnt die Berufseinführung mit dem überdiözesanen Priesterkurs, falls dieser vor den 1. September fällt.
Pastoralpraktische Prüfungen am Einsatzort sowie die Abschluss-/Projektarbeit am Ende der Berufseinführung sind für die Assistentinnen und Assistenten Teilleistungen im Rahmen der Zweiten Dienstprüfung. Für Seminaristen/Diakone sind sie notwendige Elemente, um nach vierjähriger Kaplanszeit die Zulassung zum Pfarrexamen zu erhalten. Eine etwaige Wiederholung einzelner Elemente der Zweiten Dienstprüfung ist einmalig innerhalb des Zeitraums von einem Jahr möglich.
Zum Ende des ersten Berufseinführungsjahres findet eine Zwischenevaluation mit der Leitung der Berufseinführung und der zuständigen Personalreferentin bzw. dem zuständigen Personalreferenten sowie der Praxisanleiterin oder dem Praxisanleiter statt, die den Entwicklungsstand und den Lernzuwachs (persönliche, fachliche und institutionelle Kompetenzen) feststellen und reflektieren.
Die Berufseinführung dauert in der Regel zwei Jahre und endet mit bestandener Zweiten Dienstprüfung nach der jeweils geltenden Prüfungsordnung.
Alle notwendigen Kosten, die den Berufsanfängerinnen und -anfängern durch die Teilnahme an Veranstaltungen entstehen, die im Rahmen der Berufseinführung veranlasst sind, werden nach den entsprechenden Regelungen vom Bistum erstattet.
Nähere Informationen zu den berufsgruppenspezifischen und -internen Regelungen sind über die jeweilige Leitung der Berufseinführung zu erhalten.
Es besteht weiterhin die Möglichkeit zum Quereinstieg in den pastoralen Dienst nach den jeweils geltenden Zugangsregelungen.
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VI. Geltung

Diese Richtlinien werden zum Start der Berufseinführung zum 7. August 2023 erlassen, im Hinblick auf künftige Ausführungsbestimmungen fortgeschrieben und daher entsprechend regelmäßig durch neue Fassungen ersetzt.
Mit der Inkraftsetzung dieser Richtlinien im Bistum Aachen treten die bisher geltenden Richtlinien für die zweite Bildungsphase der Priester, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten vom 10. Juni 2021 (KlAnz. für die Diözese Aachen vom 1. Juli 2021, Nr. 69, S. 124) außer Kraft5#.

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1 ↑ Vgl. die Zukunftsbildskizze des synodalen Gesprächs- und Veränderungsprozesses „Heute bei dir“ im Bistum Aachen.
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2 ↑ Laut Michael Bonert, kirchenentwicklung.de/pioniere-in-kirche-was-ist-das-und-wie-kann-es-gehen: „Pioniere sind die, die vorangehen, die die Landschaft erkunden (vgl. die Kundschafter in Numeri 13), die kreative Lösungen für Hindernisse finden, die einen Weg probieren im Wissen darum, dass der in die Irre führen kann, um dann umzukehren und einen anderen Weg zu suchen, der schlussendlich anderen den Weg bereitet (vgl. Joh 3,30)“, die neue Möglichkeiten entdecken, sie angehen und erste Perspektiven für eine Umsetzung entwerfen; vgl. https://pioneer.churchmissionsociety.org sowie entsprechende Arbeitsstellen und Lehrinhalte auch in den Theologiestudiengängen in Deutschland.
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3 ↑ Hub: Knotenpunkt, an dem Prozesse aus einer Richtung oder mehreren Richtungen zusammentreffen und von dort in eine Richtung oder mehrere Richtungen weitergeleitet werden.
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4 ↑ Dieses Kontingent wird in der entsprechenden Supervisionsordnung geregelt.
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5 ↑ Die Pastoral- und Gemeindeassistentinnen und -assistenten, die unter den Richtlinien von 2021 ihre Berufseinführung begonnen haben, beenden sie nach den darin beschriebenen Regelungen.