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Rahmenkonzept für Schulabgängerseminare der Kirchlichen Jugendarbeit zur Lebens-, Arbeits- und Berufsorientierung

Vom 28. Mai 2008

(KlAnz. 2008, Nr. 112, S. 147)1#

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1. Grundlagen

Schulabgängerseminare sind ein jugendpastorales Angebot der schulbezogenen Kirchlichen Jugendarbeit. Sie leisten einen Beitrag zur persönlichkeitsbezogenen, sozialen, politischen und religiösen Bildung junger Menschen und erfüllen eine diakonische und missionarische Funktion.
In den Schulabgängerseminaren erfahren die Jugendlichen, dass die Kirche eine Gemeinschaft von Menschen ist, die ihr Leben an Jesus Christus orientieren. Sie erleben die Kirche in Gestalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihnen nahe sind, die sie über alle gesellschaftlichen Bewertungen hinweg in ihrer Situation ernst nehmen, die sie als im Glauben getragen erfahren und die ihnen orientiert an christlichen Wertvorstellungen begegnen. Auf diese Weise macht die Kirchliche Jugendarbeit mit den Schulabgängerseminaren vor allem ein personales Angebot, welches geprägt ist von den Prinzipien des partnerschaftlichen Dialogs und des Zeugnis der Hoffnung.
Im Rahmen der Zusammenarbeit von Schulen und Kirchlicher Jugendarbeit sollen die Schulabgängerseminare sowohl in das jeweilige Schulprogramm als auch in die Konzepte der Kirchlichen Jugendarbeit am Ort integriert werden.
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2. Lebenssituation Jugendlicher

Die Lebenssituation Jugendlicher wird durch individuelle Faktoren, aber auch in hohem Maße durch gesellschaftspolitische Kontexte beeinflusst. Um den jungen Menschen Hilfen zum Leben und Glauben zu erschließen, setzen die Schulabgängerseminare an der konkreten Situation der Jugendlichen an. Die Jugendlichen befinden sich in einer Phase, die von vielfältigen Umbruch- und Entscheidungssituationen gekennzeichnet ist. Dies sind insbesondere:
  • die Identitätssuche im Übergang von der Pubertät zur Adoleszenz,
  • die Loslösung vom Elternhaus,
  • die berufliche Orientierung und die Auseinandersetzung mit einer möglichen Arbeitslosigkeit sowie
  • die Suche nach Wert- und Sinnorientierung.
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3. Zielsetzung und Inhalte

Die Schulabgängerseminare orientieren sich an den im Folgenden genannten Zielen. Im Hinblick auf die Umsetzung der Ziele werden durch den/die Leiter/-in unter fachlichen Gesichtspunkten Schwerpunkte gesetzt.
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Ziele

  1. Die Jugendlichen sollen gestärkt werden, Verantwortung für sich selbst und die Mitmenschen zu übernehmen. Sie erfahren Hilfe, sich den Wert von Gemeinschaft und personaler Bindung zu erschließen, erhalten die Möglichkeit, sich selbst als wertvoll zu erfahren, und ihr Selbstbewusstsein weiter zu entwickeln.
  2. Die Schulabgängerseminare haben eine gemeinschaftsbildende Funktion für die Klasse und bieten Raum für soziales Lernen. Die Schülerinnen und Schüler erfahren Unterstützung, neue Rollenmuster auszuprobieren und sich anzueignen. Eine Loslösung von bestehenden Rollenzuschreibungen (z.B. bezogen auf den Klassenverband, die Geschlechterrolle ...) soll ermöglicht werden.
  3. Die gesellschaftlichen und vor allem die beruflichen Perspektiven der Schülerinnen und Schüler sind zentrale Themen, welche sowohl auf der persönlichen als auch auf der politischen Ebene bearbeitet werden. Gemeinsam mit den Jugendlichen sollen Orientierungshilfen und Entscheidungskriterien entwickelt werden, die sie befähigen, ihre Stellung in der Gesellschaft und im privaten Lebensbereich zu erkennen und zu gestalten. Wichtige Aspekte stellen hierbei auch das Erkennen von Realitäten, das Erfahren von Grenzen und die Entwicklung von konstruktiven Handlungsmöglichkeiten dar.
  4. Die Schulabgängerseminare bieten Raum für die Bearbeitung von Migrationsthemen und interkulturelles Lernen. Dies beinhaltet unter anderem die Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Kulturen.
  5. Die Jugendlichen sollen unterstützt und angeregt werden ihre Lebenssituation zu überdenken und existenzielle Fragen zuzulassen.
Aus den Zielen ergeben sich in inhaltlicher Hinsicht vier Schwerpunkte.
  1. Weiterentwicklung der personalen und sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler und der Klassengemeinschaft,
  2. Unterstützung bei der Weiterentwicklung von Zielen für das eigene Leben,
  3. Begleitung beim Übergang von der Schule ins Berufsleben, in weiterführende Maßnahmen bzw. in den nächsten Lebensabschnitt, ggf. ohne berufliche Perspektive,
  4. gemeinsame Bearbeitung von Sinnfragen und der Bedeutung der Botschaft Jesu Christi für das eigene Leben.
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4. Zielgruppe

Die Schulabgängerseminare wenden sich an Schülerinnen und Schüler vorwiegend der Klassen 9 und 10 der Sekundarstufe I (Haupt-, Real-, Förder- und Gesamtschulen sowie Berufsvorbereitungs- und Berufsförderkurse). Ausnahmen sind in Absprache mit dem Bischöflichen Generalvikariat, Abt. 1.3 – Pastoral & Bildung mit Jugendlichen & Erwachsenen, möglich. Vornehmlich werden Jugendliche angesprochen, die in ihren Lebens- und speziell ihren Berufschancen gesellschaftlich benachteiligt sind.
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5. Arbeitsansatz

Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulabgängerseminare ist es, bei der Umsetzung der Ziele und Inhalte der Schulabgängerseminare die Fragen, Probleme und Interessen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu berücksichtigen. Sie orientieren sich damit an den teilnehmenden Personen und ihren Lebensbedingungen.
Entsprechend den Besonderheiten der jeweiligen Jahrgangsstufe sind die Konzepte nach Inhalten und Vorgehensweisen zu modifizieren.
In den Schulabgängerseminaren sollen die Schülerinnen und Schüler auf ganzheitliche Weise angesprochen werden. So sind die emotionale, die kognitive und die spirituelle Dimension zu berücksichtigen. Die Erfahrung der eigenen Person, zwischenmenschliche Begegnungen und die Kommunikation nehmen eine zentrale Stelle ein. Die jungen Menschen sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchlichen Jugendarbeit als personales Angebot erleben. Neben den Arbeitseinheiten im Schulabgängerseminar stellt die Freizeitgestaltung einen wichtigen Erlebnis-, Erfahrungs- und Lernraum dar.
Das Zusammenleben auf christlicher Grundlage soll erfahrbar werden. Dort haben spirituelle Angebote (wie z.B. Meditation, Gebt oder Gottesdienst) ihren selbstverständlichen Platz. Es sind angemessene Formen der Zusammenarbeit, des Zusammenlebens und des Miteinander-Feierns zu erproben. In den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirchlichen Jugendarbeit begegnen ihnen Menschen, für die das Evangelium ein tragendes Fundament ihres Lebens ist. Dies geschieht im Respekt vor Andersgläubigen und berücksichtigt die Glaubens- und Verständnisbedingungen der Jugendlichen.
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Methoden

Der Zielsetzung und dem Arbeitsansatz der Schulabgängerseminare entspricht die Anwendung einer Vielfalt von möglichen Methoden: soziale Gruppenarbeit, Methoden der Medien-, Spiel-, Erlebnis- und Kulturpädagogik, musisch-kreative Betätigung, Planspiele, Übungen und verschiedene Formen der Freizeitgestaltung, Exkursionen usw.
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Arbeitsformen

Gearbeitet wird in den Schulabgängerseminaren in unterschiedlichen Formen wie z.B. Großgruppen, Kleingruppen, geschlechtshomogenen Gruppen, Einzelarbeit.
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Nacharbeit

Die Schulabgängerseminare stehen im Kontext Kirchlicher Jugendarbeit. Über das konkrete Schulabgängerseminar hinaus soll eine Verbindung zwischen den Schülerinnen und Schülern, ihren Schulen und der Kirchlichen Jugendarbeit vor Ort (den Jugendverbänden, den Offenen Jugendeinrichtungen, den Angeboten in Gemeinden) hergestellt werden. Damit eine gute Nacharbeit gelingen kann, sollen nach Möglichkeit Personen aus dem Lebensraum der Jugendlichen im Schulabgängerseminar mitarbeiten und die Nacharbeit in der Lebenswelt der Jugendlichen (mit-)tragen.
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6. Trägerschaft

Die Trägerschaft für die Schulabgängerseminare übernehmen das Bistum Aachen oder die katholischen Jugendverbände. Die Durchführung der Schulabgängerseminare in Trägerschaft des Bistums Aachen liegt in der Verantwortung der Regionen. Verantwortlich für die Konkretisierung des Konzeptes und die Durchführung der Maßnahmen sind die Referentinnen / Referenten für Kirchliche Jugendarbeit in den Büros der Regionaldekane. Die Trägerschaft kann an Träger der Kirchlichen Jugendarbeit delegiert werden. Die fachliche Verantwortung verbleibt bei den Referentinnen / Referenten für Kirchliche Jugendarbeit in den Büros der Regionaldekane.
Bei Schulabgängerseminaren in Trägerschaft der katholischen Jugendverbände liegt die Verantwortung beim jeweiligen Jugendverband. Eine Förderung durch das Bistum setzt voraus, dass in den jeweiligen Konzepten diese Rahmenordnung beachtet wird. Das Bischöfliche Generalvikariat, Abt. 1.3 – Pastoral & Bildung mit Jugendlichen & Erwachsenen, trägt Sorge für die Qualitätssicherung dieser Rahmenordnung und ist verantwortlich für ihre Fortschreibung.
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7. Durchführungsbestimmungen

  1. Die Schulabgängerseminare werden als mehrtägige Internatsveranstaltung mit einer Dauer von mindestens drei, maximal 5 Tagen durchgeführt.
    Das Seminarprogramm umfasst durchschnittlich 5 Zeitstunden täglich. Im Hinblick auf die Zielerreichung und die Umsetzung des Arbeitsansatzes dürfen die Schulabgängerseminare nur in begründeten Ausnahmefällen ohne Übernachtung durchgeführt werden.
  2. Die Schulabgängerseminare kommen durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Träger der Schulabgängerseminare und der Schule zustande. Vertragspartner ist eine autorisierte Person des Trägers und der/die Schulleiter/-in.
  3. Die Schulabgängerseminare sind außerhalb schulischer Gebäude, in Einrichtungen kirchlicher Träger, durchzuführen. Als Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft gelten auch die Einrichtungen der Verbände und Ordensgemeinschaften. Ausnahmeregelungen sind nur dann möglich, wenn geeignete Einrichtungen nicht zur Verfügung stehen.
  4. Leiterin oder Leiter eines Schulabgängerseminars können sein:
    • die Referentin / der Referent für Kirchliche Jugendarbeit im Büro der Regionaldekane oder der regionale Jugendseelsorger,
    • Jugendbeauftragte,
    • hauptberufliche pädagogische Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter von Einrichtungen der kirchlichen Jugendarbeit,
    • hauptberufliche pädagogische Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Jugendverbände,
    Die unter e) genannten Personen, die in mehreren Seminaren tätig waren und entsprechend qualifiziert sind (nach Feststellung durch die/den jeweilige/n Referentin / Referenten für Kirchliche Jugendarbeit im Büro der Regionaldekane, bzw. der Leitung des Jugendverbandes).
  5. Neben zuvor genannten Personengruppen können als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in den Seminaren folgende Personen tätig sein: erfahrene ehrenamtliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in der kirchlichen Jugendarbeit,
    • Priester und Diakone,
    • Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten,
    • sonstige Fachkräfte der Jugend- und Erwachsenenbildung und
    • Studierende der Fachrichtungen Sozialarbeit, Pädagogik und Theologie.
  6. Die Mitarbeiterinnen (siehe Punkt d) und e) sind verpflichtet, während des Schulabgängerseminars (d.h. sowohl in den Arbeitseinheiten als auch im Freizeitbereich) anwesend zu sein, sofern sie nicht nur als Referentinnen / Referenten für einzelne Themenblöcke tätig sind.
  7. Die Referentinnen und Referenten für Kirchliche Jugendarbeit in den Büros der Regionaldekane tragen Sorge für einen Erfahrungsaustausch der mitarbeitenden Personen, die gemeinsame Weiterentwicklung von Handlungsansätzen und Methoden.
  8. In der Regel wird für je angefangene 10 Schülerinnen ein/e Mitarbeiterin einschließlich Leiterin eingesetzt. Bei Förderschulen kann je angefangene 6 Schülerinnen ein/e Mitarbeiterin einschließlich Leiterin eingesetzt werden.
  9. Der/die Leiter/-innen des Schulabgängerseminars ist verantwortlich für die inhaltliche Durchführung. Er/Sie kann diese Verantwortung gemeinsam im Team wahrnehmen. Die Letztverantwortung bleibt jedoch bei der vom Träger als Leiterin benannten Person. Schulrechtlich werden die Seminare als Schulveranstaltungen durchgeführt. Damit liegt die Aufsichtspflicht bei den begleitenden Lehrerinnen und Lehrern, die diese delegieren können.
  10. Die Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und Lehrern, ihre Rolle, Aufgaben und Verantwortung werden vor dem Schulabgängerseminar geklärt. Die Lehrer/-innen, der/die Leiter/-in und die Mitarbeiter/-innen fällen wichtige Entscheidungen, die während des Schulabgängerseminars notwendig sind, gemeinsam. Dies sind Entscheidungen über: wesentliche Änderungen des geplanten Verlaufs, disziplinarische Maßnahmen und besondere pädagogische Maßnahmen gegenüber einzelnen Schülerinnen und Schülern.
  11. Die Schulabgängerseminare werden mit den entsprechenden Lehrerinnen und Lehrern sowie der Klasse vorbereitet. Weichen die Vorstellungen der Lehrerinnen und der Schülerinnen von der Zielsetzung und den Inhalten dieser Rahmenordnung und der regionalen bzw. verbandlichen Konzeption entscheidend ab, kann ein Schulabgängerseminar nicht durchgeführt werden.
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8. Finanzierungsrichtlinien

Die Verteilung des Budgets für die Durchführung der Schulabgängerseminare wird durch das Bischöfliche Generalvikariat, Abt. 1.3 – Pastoral & Bildung mit Jugendlichen & Erwachsenen, entsprechend dem Haushaltsansatz des Bischöflichen Generalvikariates jährlich festgelegt.
Im laufenden Haushaltsjahr können frei werdende Mittel nach Absprache mit den Referentinnen / Referenten für Kirchliche Jugendarbeit in den Büros der Regionaldekane auf andere Regionen übertragen werden. Anerkannt werden die Kosten für Unterbringung, Verpflegung, Verbrauchsmaterial für die jeweilige Maßnahme und Honorare. Zuschüsse sind hierauf anzurechnen. Die Honorarsätze (für die Leiterinnen und Mitarbeiterinnen) und Teilnehmerbeiträge werden durch das Bischöfliche Generalvikariat, Abt. 1.3 – Pastoral & Bildung mit Jugendlichen & Erwachsenen, festgelegt.

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1 ↑ Red. Anm.: Diese Vorschrift ist am 1. Juli 2008 im Kirchlichen Anzeiger veröffentlicht worden.