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Ordnung zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten für Personalakten von Klerikern, Kandidaten und Kirchenbeamten zu Zwecken der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch

Vom 1. Mai 2023

(KlAnz. 2023, Nr. 60, S. 146)

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§ 1
Geltungsbereich

Diese Ordnung regelt Einsichts- und Auskunftsrechte für Personalakten von Klerikern und Kandidaten, die gemäß der „Rahmenordnung über die Führung von Personalakten und Verarbeitung von Personalaktendaten von Klerikern und Kirchenbeamten“ (im folgenden: Personalaktenordnung) vom 17. November 2021 (KlAnz. für die Diözese Aachen vom 1. Dezember 2021, Nr. 117, S. 179) in ihrer jeweils geltenden Fassung geführt werden.
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§ 2
Verhältnis zum KDG

( 1 ) Für die Verarbeitung personenbezogener Daten finden das Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG) und die zu seiner Durchführung ergangenen Vorschriften, insbesondere die Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG-DVO), in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung, soweit sich aus dieser Ordnung nichts Abweichendes ergibt.
( 2 ) Personen, an die personenbezogene Daten gemäß dieser Ordnung übermittelt werden, müssen auf die Vertraulichkeit im Umgang mit diesen Daten verpflichtet werden, sofern sie nicht einer entsprechenden gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
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§ 3
Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener in Bezug auf Personalaktendaten von Klerikern und Kandidaten

( 1 ) Die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten ohne Einwilligung des Klerikers oder Kandidaten an die Unabhängigen Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ist zulässig, soweit
  1. dies für die Durchführung der Aufarbeitung notwendig ist,
  2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist,
  3. das kirchliche Interesse an der Aufarbeitung das schutzwürdige Interesse des Klerikers oder Kandidaten erheblich überwiegt und
  4. der Diözesanbischof oder die von ihm bestimmte verantwortliche Person die Erlaubnis hierzu erteilt hat.
( 2 ) Die Übermittlung nach Absatz 1 erfolgt durch Erteilung von Auskünften oder, indem zwei Mitgliedern der Kommission, die aufgrund ihrer Qualifikation aus der Kommission selbst heraus zu bestimmen sind, ein Akteneinsichtsrecht gewährt wird. Diese Regelung ergänzt § 15 Abs. 1 PAO, der ansonsten unberührt bleibt.
( 3 ) Der Dienstgeber informiert über die Auskunftserteilung und Einsichtnahme in Personalakten durch die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs durch persönliches Anschreiben an die betreffenden Kleriker oder Kandidaten.
( 4 ) Personenbezogene Daten dürfen nur für die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch verwendet werden. Eine weitergehende Verwendung ist nicht zulässig.
( 5 ) Personenbezogene Daten sind gegen unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen und sobald der Zweck, zu welchem sie erhoben wurden, es erlaubt, zu anonymisieren. Solange dies noch nicht möglich ist, ist eine Pseudonymisierung durchzuführen. Dabei sind die Merkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit die Zwecke der Aufarbeitung dies erfordern. Die personenbezogenen Daten sind spätestens zwei Jahre nach Erstellung des Abschlussberichts an die Diözese Aachen zurückzugeben. In digitaler Form überlassene Daten sind spätestens zwei Jahre nach Erstellung des Abschlussberichts datenschutzkonform zu löschen; die Löschung ist gegenüber der Diözese Aachen nachzuweisen.
( 6 ) Bei der Veröffentlichung der Ergebnisse der Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch sind die Persönlichkeitsrechte jedweder genannten Person zu wahren.
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§ 4
Forschungszwecke

( 1 ) Die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten ohne Einwilligung des Klerikers oder Kandidaten an Hochschulen und andere Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, ist zulässig, soweit
  1. dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch erforderlich ist,
  2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist,
  3. das kirchliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse des Klerikers oder Kandidaten erheblich überwiegt und
  4. der Diözesanbischof oder die von ihm bestimmte verantwortliche Person die Erlaubnis hierzu erteilt hat.
( 2 ) Die Übermittlung nach Absatz 1 erfolgt durch Erteilung von Auskünften oder indem Akteneinsicht gewährt wird. Diese Regelung ergänzt § 15 Abs. 1 PAO, der ansonsten unberührt bleibt.
( 3 ) Der Dienstgeber informiert über die Auskunft und Einsichtnahme in Personalakten im Rahmen der Forschungsarbeiten durch persönliches Anschreiben an die betreffenden Kleriker oder Kandidaten.
( 4 ) Personenbezogene Daten dürfen nur für die Forschungsarbeit verwendet werden, für die sie übermittelt worden sind. Die Verwendung für andere Forschungsarbeiten oder die Weitergabe an Dritte richtet sich nach den Absätzen 1 bis 3 und ist nur mit Zustimmung des Diözesanbischofs zulässig.
( 5 ) In der Aufarbeitungsphase sind personenbezogene Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen. Die wissenschaftliche Forschung betreibende Stelle hat dafür zu sorgen, dass die Verwendung der personenbezogenen Daten räumlich und organisatorisch getrennt von der Erfüllung solcher Verwaltungsaufgaben oder Geschäftszwecke erfolgt, für die diese Daten gleichfalls von Bedeutung sein können.
( 6 ) Sobald der Forschungszweck es erlaubt, sind die personenbezogenen Daten zu anonymisieren. Solange dies noch nicht möglich ist, sind die Merkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert. Die personenbezogenen Daten sind spätestens zwei Jahre nach Erfüllung des Forschungszwecks an die Diözese Aachen zurückzugeben. In digitaler Form überlassene Daten sind spätestens zwei Jahre nach Erfüllung des Forschungszwecks datenschutzkonform zu löschen; die Löschung ist gegenüber der Diözese Aachen nachzuweisen.
( 7 ) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 personenbezogene Daten des Klerikers oder Kandidaten aus dessen Personalakte erhalten hat, darf diese nur veröffentlichen, wenn dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist.
( 8 ) Bei der Veröffentlichung des Forschungsergebnisses sind die Persönlichkeitsrechte jedweder genannten Person zu wahren.
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§ 5
Rechtsanwaltskanzleien

( 1 ) Rechtsanwaltskanzleien können im Auftrag der Diözese Aachen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch Auskünfte über personenbezogene Daten von Klerikern oder Kandidaten ohne deren Einwilligung erhalten, soweit
  1. dies zur Durchführung der Aufarbeitung und Rechtsberatung notwendig ist,
  2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist,
  3. das kirchliche Interesse an der Klärung und rechtlichen Bewertung des Sachverhalts das schutzwürdige Interesse der Kleriker oder Kandidaten erheblich überwiegt und
  4. der Diözesanbischof oder die von ihm bestimmte verantwortliche Person die Erlaubnis hierzu erteilt hat.
( 2 ) Die Übermittlung nach Absatz 1 erfolgt durch Erteilung von Auskünften oder indem Akteneinsicht gewährt wird. Diese Regelung ergänzt § 15 Abs. 1 PAO, der ansonsten unberührt bleibt.
( 3 ) Der Dienstgeber informiert über die Auskunft und Einsichtnahme in Personalakten durch die Rechtsanwaltskanzlei durch persönliches Anschreiben an die betreffenden Kleriker oder Kandidaten. Die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei ist vertraglich zu besonderer Vertraulichkeit zu verpflichten.
( 4 ) Die personenbezogenen Daten dürfen ausschließlich zur Bearbeitung des erteilten Auftrags verwendet werden und sind auf Verlangen der Diözese Aachen zu löschen.
( 5 ) In der Aufarbeitungsphase sind die personenbezogenen Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen und sobald der Zweck, zu welchen sie erhoben wurden, es erlaubt, zu anonymisieren. Solange dies noch nicht möglich ist, ist eine Pseudonymisierung durchzuführen. Dabei sind die Merkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit die Zwecke der Aufarbeitung dies erfordern. Die personenbezogenen Daten sind spätestens zwei Jahre nach Erstellung des Abschlussberichts an die Diözese Aachen zurückzugeben. In digitaler Form überlassene Daten sind spätestens zwei Jahre nach Erstellung des Abschlussberichts datenschutzkonform zu löschen; die Löschung ist gegenüber der Diözese Aachen nachzuweisen.
( 6 ) Bei der Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse sind die Persönlichkeitsrechte jedweder genannten Person zu wahren.
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Diese Ordnung setze ich für das Bistum Aachen mit Wirkung zum 1. Juni 2023 in Kraft.