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Ordnung zum Betrieb einer internen Meldestelle
im Bistum Aachen (MeldeStO)

Vom 6. Juli 2023

(KlAnz. 2023, Nr. 102, S. 202)

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Diese Ordnung regelt für das Bistum Aachen gem. Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)1# in seiner jeweils geltenden Fassung den Betrieb einer internen Meldestelle sowie den Schutz von hinweisgebenden Personen, denen durch eine Meldung keine beruflichen Nachteile entstehen dürfen. Der Betrieb der Meldestelle bezieht sich auf die Funktionsweise sowie die Pflichten des Betreibers der Meldestelle.
Hinweisgeber2# leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Ahndung von Missständen, die über die Meldestelle erfasst werden können, darunter auch bestimmte Regelverstöße aus dem kirchenrechtlichen Bereich. Das HinSchG findet mit den folgenden konkretisierenden Regelungen Anwendung.
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§ 1
Anwendungsbereich

( 1 ) Die Ordnung gilt für das Bistum Aachen sowie für die weiteren öffentlichen juristischen Personen kanonischen Rechts im Bistum Aachen, die im Sinne von can. 1276 § 1 CIC der Aufsicht des Ortsordinarius unterstehen, sofern sie Dienstgeber sind.
( 2 ) Die Ordnung gilt für alle Leitungsorgane, Führungskräfte, Mitarbeiter und Praktikanten der in Abs. 1 genannten Rechtsträger, jeweils sowohl für Kleriker nebst Weihekandidaten als auch für Laien. Soweit in dieser Ordnung ohne weitere Differenzierung „Mitarbeiter“ genannt sind, umfasst dieser Begriff auch die Leitungsorgane und Führungskräfte. Insofern außenstehende Personen, die nicht Mitarbeiter einer der Einrichtungen gem. Abs. 1 sind (z.B. ehrenamtlich tätige Personen), in Kenntnis von Regelverstößen kommen und dafür als Hinweisgeber auftreten, findet diese Ordnung auch auf sie Anwendung.
( 3 ) Die Ordensverbände im Bistum Aachen, gleichgültig ob päpstlichen oder diözesanen Rechts, und deren rechtlich selbständige Träger fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Ordnung.
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§ 2
Meldestelle

( 1 ) Das Bistum Aachen betreibt für die Rechtsträger gem. § 1 eine gemeinsame interne Meldestelle i.S.d. HinSchG. Rechtsträger mit eigener Website verlinken auf ihrer Homepage zu dieser Meldestelle.
( 2 ) Das Bistum kann einen „Dritten“ gem. § 14 Abs. 1 HinSchG für die Wahrnehmung der Aufgaben im Zusammenhang mit einer internen Meldestelle betrauen. Der Dritte ist verpflichtet, die Vorgaben gem. §§ 8 bis 11 und 16 bis 18 HinSchG zu beachten.
( 3 ) Das Bistum kann die interne Meldestelle als Software-Service treuhänderisch von einem externen Dienstleister betreiben lassen, der den gesetzlichen Anforderungen bzgl. IT-Sicherheit, Datenschutz und Dokumentation genügen muss.
( 4 ) Involviert in eine interne Meldestelle sind: das Bistum Aachen als Betreiber, die hinweisgebende Person, die einen Hinweis bearbeitenden Verantwortlichen, ggf. die Interne Revision, ggf. ein externer Dienstleister gem. des vorstehenden Absatzes 3, ggf. ein Dritter gem. des vorstehenden Absatzes 2.
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§ 3
Regelverstöße und Hinweisgeber

( 1 ) Ein Regelverstoß ist jeder Verstoß gegen Gesetze, Rechtsverordnungen und organisationsinterne Regelungen gem. HinSchG.
( 2 ) Ein Regelverstoß ist zudem jeder Verstoß gegen cann. 1376 bis 1378 CIC, gegen Regelungen des Liber V des CIC, gegen Vergaberichtlinien und Richtlinien im Bereich Einkauf, Bauen und Baufinanzierung, gegen universal-/partikularkirchenrechtlich vorgeschriebene Beispruchsrechte und Genehmigungstatbestände für Rechtsgeschäfte der gem. § 1 dieser Ordnung unterfallenden Rechtsträger sowie gegen interne Rechtsvorschriften des Generalvikars mit folgenden Inhalten: Regelungen zur Gewährung und Annahme von Geschenken, Aufmerksamkeiten, Einladungen sowie Umgang mit Bewirtungen und Betriebsveranstaltungen, Regelungen mit lohnsteuer- und/oder sozialversicherungsrechtlichem Bezug sowie Regelungen, die sich auf Nebentätigkeiten von Mitarbeitern beziehen.
( 3 ) Eine Information über einen Regelverstoß ist entweder ein begründetes Verdachtsmoment oder das Wissen über eine tatsächliche oder mögliche Rechtsverletzung, die bereits begangen wurde oder sehr wahrscheinlich erfolgen wird, sowie über Versuche der Verschleierung einer Rechtsverletzung.
( 4 ) Hinweisgeber gegenüber der Meldestelle können alle in § 1 Abs. 2 genannten Personen sein, die Kenntnis über Regelverstöße erlangt haben.
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§ 4
Meldungen

( 1 ) Meldungen sind Mitteilungen von Informationen zu Regelverstößen, die über die interne Meldestelle gem. § 2 Abs. 1 entweder in Textform oder in mündlicher Form per Sprachaufzeichnung abgegeben werden können. Die Abgabe einer anonymen Meldung ist dabei möglich. Die interne Meldestelle gewährleistet eine anonyme Kommunikation mit dem Hinweisgeber. Die Anonymität kann nur vom Hinweisgeber selbst aufgehoben werden. Zudem kann eine Meldung persönlich gegenüber einem der verantwortlichen Bearbeiter abgegeben werden. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer externen Meldestelle gem. §§ 19 bis 23 HinSchG seitens der hinweisgebenden Person bleibt hiervon unberührt.
( 2 ) Das Bistum ist für die Beachtung der Vorgaben zur Bearbeitung von Meldungen, die über die interne Meldestelle eingehen, verantwortlich. Näheres wird in Ausführungsbestimmungen geregelt.
( 3 ) Keine Meldung im Sinne dieser Ordnung liegt vor, wenn
  1. es sich um Hinweise auf sexuellen Missbrauch an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen gem. der Interventionsordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung handelt; hierzu wird der Hinweisgeber auf die gem. Interventionsordnung zuständigen Ansprechpersonen verwiesen,
  2. es sich um Hinweise zu Verletzungen oder Verstößen gegen das Kirchliche Datenschutzgesetz (KDG) handelt; hierzu wird der Hinweisgeber auf die gem. KDG geltenden Verfahrenswege verwiesen,
  3. ihr Pflichten zur Wahrung des Beichtgeheimnisses oder der Verschwiegenheit durch Geistliche oder Seelsorgerinnen und Seelsorger entgegenstehen über das, was ihnen in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist.
( 4 ) Die Möglichkeit der direkten Meldung von Regelverstößen jedweden Inhalts gegenüber der Internen Revision im Bistum Aachen gem. der Geschäftsordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung bleibt von dieser Ordnung unberührt.
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§ 5
Vertraulichkeitsgebot und Schutz von hinweisgebenden Personen

( 1 ) Das Bistum als Betreiber der internen Meldestelle gewährleistet, dass die Vertraulichkeit der Identität der folgenden Personen strikt gewahrt wird:
  1. der hinweisgebenden Person,
  2. der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und
  3. der sonstigen in der Meldung genannten Personen.
( 2 ) Gegenüber der hinweisgebenden Person und gegenüber Personen, die Hinweise im Sinne von § 4 Abs. 3 lit. a) und b) im Rahmen der dafür geltenden Verfahrenswege abgeben, gilt das Verbot von Repressalien sowie von Androhung und Versuch, Repressalien auszuüben. Repressalien sind Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit, die eine Reaktion auf eine Meldung oder eine Offenlegung sind, durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann (z. B. ungerechtfertigte Kündigung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Mobbing …).
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§ 6
Folgemaßnahmen

( 1 ) An Folgemaßnahmen, die auf eine Meldung unter Berücksichtigung des Vertraulichkeitsgebots gem. § 5 getroffen werden können, kommen in Betracht:
  1. das Verfahren durch den zuständigen Rechtsträger, die Interne Revision oder eine Hauptabteilung des Generalvikariats des Bistums Aachen weiterführen lassen,
  2. das Verfahren nach kirchlichem Strafrecht gem. Codex Iuris Canonici in seiner jeweils geltenden Fassung weiterführen lassen,
  3. das Verfahren zwecks weiterer Untersuchungen abgeben an eine zuständige Einrichtung kirchlichen oder staatlichen Rechts,
  4. die hinweisgebende Person an eine andere zuständige Stelle verweisen,
  5. das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen abschließen.
( 2 ) Es können parallel mehrere verschiedene Folgemaßnahmen gem. Abs. 1 lit. a) - d) eingeleitet werden. Im Fall der Nachlässigkeit des unmittelbaren Verwalters von öffentlichen juristischen Personen kanonischen Rechts gem. can. 1279 § 1 CIC greift das Interventionsrecht des Ordinarius.
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§ 7
Datenschutz

Soweit das HinSchG keine gesonderte Regelung trifft, gilt das Kirchliche Datenschutzgesetz (KDG). Das Bistum als Betreiber der internen Meldestelle ist befugt, personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Meldestelle gem. HinSchG und gem. dieser Ordnung erforderlich ist. § 16 KDG gilt mit der Maßgabe, dass eine Unterrichtung später erfolgen oder unterbleiben kann, wenn dies die ordnungsgemäße Bearbeitung des Hinweises beinträchtigen würde. Abweichend von § 11 Abs. 1 KDG ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten durch die Meldestelle zulässig, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. In diesem Fall hat die Meldestelle spezifische und angemessene Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gem. § 11 Abs. 2 lit. g, Abs. 4 KDG vorzusehen.
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§ 8
Inkrafttreten

Die vorstehende Ordnung tritt mit Wirkung zum 1. Oktober 2023 in Kraft.

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1 ↑ vom 31. Mai 2023, BGBl. Teil I vom 2. Juni 2023, Nr. 140.
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2 ↑ Die in dieser Ordnung aus Gründen besserer Lesbarkeit verwendete männliche Form bezieht sich gleichermaßen auf alle Geschlechter.